Welchen Forschungsansatz verfolgt MegaSyn? Im Forschungsschwerpunkt MegaSyn werden ausgewählte Megasynthasen mit molekularbiologischen Methoden bearbeitet. Über das Maßschneidern der funktionellen Einheiten der Megasynthesen sollen chemisch diverse und komplexe Designer-Moleküle erzeugt werden. MegaSyn positioniert sich mit dem Konzept, neue Moleküle über das Maßschneidern der synthetisierenden Proteine zu ermöglichen, komplementär zu den üblicherweise verfolgten Ansätzen in diesem Forschungsfeld. Die “üblichen Ansätze” versuchen über die Entdeckung neuer Megasynthasen (in der Regel über die Analyse der kodierenden DNA), Zugang zu technologisch und pharmazeutisch relevanten Molekülen zu finden. MegaSyn geht somit neue Wege, das Potential der Natur in der Synthese komplexer Moleküle zu nutzen.
Warum ist es wichtig technologisch und pharmazeutisch wichtige Produkte über Megasynthasen herzustellen? Es macht Sinn, Moleküle des täglichen Lebens über biosynthetische Verfahren herzustellen. Schafft man es, Bakterien und Pilze zu verändern, um solche wichtigen Molekülen herzustellen, dann sind aufwändige und teure synthetisch-chemische Produktionsprozesse nicht mehr notwendig. Besonderes Interesse gilt der biosynthetischen Herstellung pharmazeutisch und technologisch wertvoller Moleküle, wie z.B. Vertretern der Verbindungsklassen der Polyketide (PK) und nicht-ribosomalen Peptide (NRP). Zusammen machen sie 30 % der aktuell auf dem Markt befindlichen niedermolekularen Wirkstoffe aus. Bedeutende PK sind z.B. das Antibiotikum Erythromycin und das Immunsuppressivum Rapamycin; bedeutende NRP die Antibiotika Vancomycin und Daptomycin und das Immunsuppressivum Cyclosporin. Die synthetisch-chemische Herstellung solcher Verbindungen ist meistens aufwändig und gerade hier ist die biosynthetische Herstellung lukrativ. Über biosynthetische Verfahren kann auch der einfache Zugang zu veränderten Produkten gefunden werden. Gerade der Zugang zu Varianten von Antibiotika ist durch die zunehmende Bedrohung durch resistente Erreger wichtig. Jedes neue Antibiotikum könnte neue Hoffnung in der Bekämpfung dieser Erreger geben.
Welche Wissenschaftler sind an diesem Schwerpunkt beteiligt? Zum Erreichen der Antragsziele vereint MegaSyn die einzigartige hessische Kompetenz in der Strukturklärung von Biomolekülen (NMR-Spektroskopie, Röntgenstrukturanalyse (Prof. Lars-Oliver Essen), Elektronenmikroskopie (Prof. Achilleas Frangakis, Prof. Werner Kühlbrandt, Dr. Janet Vonck) und Massenspektrometrie (Prof. Nina Morgner)), die am MPI für Biophysik vorhandene Expertise in theoretischer Biophysik (Prof. Gerhard Hummer) und die Expertise in Naturstoff-Biosynthese (Prof. Helge Bode, Dr. Tobias Erb und Prof. Martin Grininger). Zur Überführung in Anwendungen steht im Konsortium die ausgewiesene Kompetenz in Bioreaktions- und Bioprozesstechnik zur Verfügung (Prof. Eckhard Boles, Prof. Peter Czermak). Die Wissenschaftler bearbeiten insgesamt 12 Fokusprojekte, die drei Projektbereichen Pb1-Pb3 zugeordnet werden können. Projektbereich 1 ist auf die Analyse der Zielproteine in ihrer strukturellen Gesamtheit gerichtet und Projektbereich 2 zielt auf die Charakterisierung und Kontrolle funktionell entscheidender Einheiten ab. Erkenntnisse aus den beiden Projektbereichen werden im Projektbereich 3 genutzt, um pharmazeutisch und biotechnologisch wertvolle Substanzen großtechnisch herzustellen und deren Produktion zu optimieren.
Wie profitiert die Gesellschaft von MegaSyn? Die Wissenschaftler, die an MegaSyn beteiligt sind, haben Erfahrung in der Umsetzung von Grundlagenforschung in Produktionsprozesse. Diese Erfahrung wird MegaSyn nutzen. Um einen effizienten Technologietransfer zu gewährleisten, arbeitet MegaSyn außerdem mit Partnern aus der Wirtschaft zusammen. Die wirtschaftlich relevanten Ergebnisse von MegaSyn sollen gemeinsam mit diesen Partnern und/oder einer eigenen Firmenausgründung einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Neben der ökonomischen Relevanz stellen Wissenschaftlicher in öffentlichen Vorträgen die gesellschaftliche und ökologische Bedeutung der Forschung an Megasynthasen (z.B. neue nachhaltig produzierte Wirkstoffe gegen resistente Bakterien) einer breiten wissenschaftlichen und wissenschaftlich interessierten Öffentlichkeit vor.
Charakterisierung und Kontrolle des strukturellen Rahmens: Die strukturelle Charakterisierung von Megasynthasen findet mit Cryo-Elektronentomographie (Cryo-ET) in minimal-invasiv präparierten Fraktionen statt und erlaubt die Bestimmung der Gesamtstruktur iterativer Megasynthasen (Prof. Achilleas Frangakis). Außerdem sollen Megasynthasen über Einzelpartikelanalyse mittels Cryo-Elektronenmikroskopie (Cryo-EM) (Prof. Werner Kühlbrandt und Dr. Janet Vonck) und nicht-kovalenter Massenspektrometrie charakterisiert werden (Prof. Nina Morgner).
Charakterisierung und Kontrolle der Funktion: Dieser Projektbereich widmet sich den enzymatischen Schlüsselfunktionen von Megasynthasen. Molekularbiologische Arbeiten werden hier durch Röntgenstrukturanalyse und NMR-Spektroskopie unterstützt. Computergestützte Modellierungen werden eingesetzt, um spezifische Ereignisse in komplexem Hintergrund zu analysieren. Die Bestrebungen in Pb2 umfassen insbesondere die Analyse der Substratspeziftät enzymatischer Reaktionen sowie die Untersuchung des Zusammenspiels von permanenten und transienten Interaktion von strukturellen und katalytischen Domänen (Prof. Helge Bode, Prof. Martin Grininger, Prof. Gerhard Hummer. Insbesondere werden molekulare Details während der Bindungsknüpfungsreaktionen sowie in der Generierung der Stereozentren betrachtet (Dr. Tobias Erb, Prof. Lars-Oliver Essen).
Gerichtete Synthese wirtschaftlich relevanter Substanzen: Der Fokus liegt auf der gerichteten Synthese pharmazeutisch und technologisch wertvoller Produkte in Abstimmung mit Pb1 und Pb2. Im Projektbereich 3 wird die Herstellung von Verbindungen mit den neuartigen Megasynthasen optimiert, bzw. das metabolische Netzwerk der Gastorganismen gegebenenfalls adaptiert. Konkrete Projekte zielen auf die Produktion von technisch relevanten Synthons (z.B. diverse organische Säuren) ab (Prof. Eckhard Boles), und richten sich auf die Produktion ausgewählter Peptide (Prof. Peter Czermak).